Beschluss vom 08.07.2025 -
BVerwG 2 VR 14.25ECLI:DE:BVerwG:2025:080725B2VR14.25.0

Untersagung einer bestimmten Erwerbstätigkeit eines früheren Beamten trotz dessen Verzicht auf den Altersgeldanspruch

Leitsatz:

Der Verzicht auf Altersgeld steht der Anwendbarkeit der Untersagungsvorschrift des § 105 Abs. 6 BBG gemäß § 105 Abs. 7 BBG nicht entgegen. § 105 Abs. 7 BBG ist dahingehend auszulegen, dass "Anspruch auf Altersgeld" den gesetzlichen Anspruch auf Altersgeld i. S. d. §§ 1 ff. AltGG meint; ob der Anspruchsinhaber auf den ihm hiernach zustehenden Anspruch verzichtet, ist demgegenüber unerheblich.

  • Rechtsquellen
    BBG § 105
    VwGO § 80 Abs. 5
    VwVfG § 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1
    SÜG § 1 Abs. 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.07.2025 - 2 VR 14.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:080725B2VR14.25.0]

Beschluss

BVerwG 2 VR 14.25

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 8. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister beschlossen:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Untersagung seiner Erwerbstätigkeit bei einem bestimmten Rechtsanwaltsbüro.

2 Der im Jahr 19.. geborene Antragsteller ist Jurist und war von August 2013 bis Mai 2025 als Bundesbeamter beim Bundesnachrichtendienst (BND) tätig, zuletzt als Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14 BBesO). Er war in Verwaltungsbereichen und - überwiegend - operativ in der Auswertung und Informationsbeschaffung zu R. eingesetzt. Von September 2023 bis Juli 2024 war der Antragsteller Referent an der Residentur in M. In dieser Zeit trennte er sich von seiner Ehefrau und lernte eine ... Staatsangehörige kennen, seine jetzige Lebensgefährtin, mit der er mittlerweile in Deutschland lebt und die ein Kind von ihm erwartet. Im Juli 2024 wurde der Antragsteller von einem Vertreter des ... Geheimdienstes auf seine neue Beziehung angesprochen. Acht Tage später - nach Rückkehr seines Vorgesetzten von einer Dienstreise - offenbarte der Antragsteller seinem Vorgesetzten, dass er eine intime Beziehung zu einer Staatsangehörigen des Einsatzlandes pflege. Wenige Tage später wurde er nach Deutschland zurückbeordert und erhielt ein Zutrittsverbot für alle Liegenschaften des BND; später wurde ihm der Sicherheitsbescheid entzogen und ein Disziplinarverfahren - insbesondere wegen Verstößen gegen Meldepflichten - gegen ihn eingeleitet.

3 Am 29. April 2025 schloss der Antragsteller einen Arbeitsvertrag mit der Rechtsanwaltskanzlei M. Hiernach sollte er mit Wirkung vom 15. Mai 2025 als Rechtsanwalt eingestellt und in dem Schwerpunktbereich Öffentliches Recht auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eingesetzt werden.

4 Am 30. April 2025 beantragte der Antragsteller seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis mit Ablauf des 14. Mai 2025 und stellte zugleich einen Antrag auf Gewährung von Altersgeld. Mit Bescheid vom 7. Mai 2025 entließ die Antragsgegnerin ihn antragsgemäß aus dem Beamtenverhältnis.

5 Am Abend des 14. Mai 2025 um 21:24 Uhr teilte der Antragsteller dem BND per E-Mail mit, dass er ab dem Folgetag eine Tätigkeit bei der Kanzlei M. aufnehmen werde. Die Antragsgegnerin untersagte ihm daraufhin zunächst vorläufig die angezeigte Erwerbstätigkeit wegen Nichteinhaltung der Anzeigefrist. Mit Schreiben vom 20. Mai 2025 legte der Antragsteller hiergegen Widerspruch ein und nahm seinen Antrag auf Gewährung von Altersgeld zurück. Das Disziplinarverfahren wurde rückwirkend zum 20. Mai 2025 eingestellt.

6 Mit Bescheid vom 23. Mai 2025 hob der BND die vorläufige Untersagung auf und untersagte dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die angezeigte Tätigkeit bis zum Ablauf der siebenjährigen Anzeigepflicht nach Beendigung des Beamtenverhältnisses. Zugleich ordnete er ein Zwangsgeld in Höhe von 2 000 Euro für jeden Tag der Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsverfügung an. Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt:

7 Die Untersagungsverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 105 Abs. 6 BBG. Der Anwendungsbereich des § 105 BBG sei eröffnet, weil der Antragsteller die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Altersgeldanspruch erfülle, mit seinem freiwilligen Verzicht auf die Gewährung von Altersgeld habe er sich nicht den nachwirkenden Verpflichtungen aus seinem Beamtenverhältnis entziehen können. Es sei zu besorgen, dass durch die konkret beabsichtigte Tätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt würden. Denn es bestehe der Anschein, dass das von ihm erlangte Amtswissen an unbefugte Personen abfließen könnte. Er habe herausragende Einblicke in die operative Arbeitsweise des BND insbesondere bezüglich ... erhalten und Kenntnis über laufende Operationen des BND. Seine Identität sei dem ... Geheimdienst bekannt und er sei bereits Gegenstand einer Anbahnungsoperation geworden. Es sei zu befürchten, dass der ... Geheimdienst Druck auf ihn und seine Partnerin sowie deren Angehörige ausüben werde, was die Besorgnis begründe, dass er seinen nachamtlichen Dienstpflichten, insbesondere der Verschwiegenheitspflicht nicht nachkommen könnte. Das generelle Risiko werde durch die beabsichtigte Tätigkeit in der konkreten Anwaltskanzlei massiv gesteigert. Der Inhaber dieser Kanzlei verfüge über intensive Kontakte zu ... Unternehmen und herausragenden Persönlichkeiten der ... Politelite und sei zudem Europarepräsentant des ... Die Kanzlei sei im Wesentlichen in der Beratung ... Unternehmen und Privatpersonen tätig. Hinzu komme, dass der Antragsteller die erforderliche Aussagegenehmigung für die Bewerbung nicht beantragt und die gesetzlich vorgesehene Anzeigepflicht nicht eingehalten habe. Auch die Umstände seines Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis, dem eine Dienstpflichtverletzung zugrunde gelegen habe, die aller Voraussicht nach zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geführt hätte, ergäben, dass der Antragsteller essentielle dienstliche Regularien nicht einhalte, wenn seine privaten Interessen diesen entgegenstünden. Nach alledem ließe die angezeigte nachamtliche Tätigkeit Rückschlüsse auf seine frühere Amtsführung zu und führe zur Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen. Aufgrund der Aktualität seiner operativen Erkenntnisse und Kontakte bedürfe es auch der gesamten gesetzlich vorgesehenen Dauer der Untersagung von sieben Jahren.

8 Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei erforderlich, weil der Antragsteller die Tätigkeit in der Kanzlei bereits aufgenommen habe, ohne die gesetzlich vorgesehene Anzeigefrist von vier Wochen vor Tätigkeitsaufnahme einzuhalten. Damit bestehe bereits jetzt das Risiko eines Abflusses sicherheitlich relevanter Informationen und einer nachhaltigen Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums.

9 Der Antragsteller hat gegen diese Untersagungsverfügung Widerspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens beantragt. Mit Schreiben vom 26. Mai 2025 hat der BND dem Antragsteller mitgeteilt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufrechterhalten bleibt, und dies insbesondere damit begründet, dass eine Zusicherung des Antragstellers und der Kanzlei, bis zum Abschluss des Verfahrens keine Mandate mit ... Bezug zu bearbeiten, nicht ausreiche, da es keine Möglichkeit gebe, die Einhaltung einer solchen Zusicherung zu überprüfen.

10 Der Antragsteller hat hiergegen um verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht. Er macht geltend, die Intensivierung seiner Beziehung zu seiner jetzigen Lebensgefährtin nicht gegenüber dem BND verheimlicht zu haben. Den Vorfall mit dem Angehörigen des ... Geheimdienstes habe er gemeldet, wohlwissend um seine höchstwahrscheinliche Zurückbeorderung nach Deutschland und den disziplinarrechtlichen Konsequenzen und auch auf die Gefahr hin, seine potenzielle Beziehung aufgrund der Zurückbeorderung zu verlieren. Dass rein abstrakt aufgrund seiner früheren Verwendung auch weiterhin Druck auf ihn oder seine Lebensgefährtin ausgeübt werden könnte, stehe in keinerlei Zusammenhang mit der angestrebten anwaltlichen Erwerbstätigkeit. Das Beratungsgeschäft der Kanzlei erstrecke sich auf viele Länder und deshalb nicht wesentlich auf ... Unternehmen und Privatpersonen. Er sei sich bewusst, dass er auch nach seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis sicherheitsrelevante Interessen seines früheren Dienstherrn zu wahren habe. Das liege auch in seinem eigenen Interesse, auch um sich nicht einer strafrechtlichen Sanktionierung auszusetzen. Er sei auch bereit, keinerlei Mandate mit Bezug zu ... Unternehmen, Privatpersonen oder staatlichen Institutionen aufzunehmen oder zu begleiten.

11 Der Antragsteller ist der Ansicht, die für die Untersagungsverfügung herangezogene Vorschrift des § 105 Abs. 7 BBG sei auf ihn nicht anwendbar, weil er keinen Anspruch auf Altersgeld habe. Ein Altersgeldanspruch erlösche nach § 3 Abs. 6 AltGG mit der Durchführung der beantragten Nachversicherung und mit der von der Antragsgegnerin angenommenen Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme. Der Anwendungsbereich der Norm sei wegen der Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG restriktiv auszulegen. Bereits die Anzeigepflicht des § 105 BBG treffe nicht alle früheren Beamten, sondern nur diejenigen, die durch finanzielle Leistungen des früheren Dienstherrn noch mit diesem verbunden seien.

12 Außerdem ist der Antragsteller der Ansicht, die Antragsgegnerin habe einen falschen Maßstab für die Beurteilung der Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen herangezogen. Ausgangspunkt sei, dass der Beamte nach der Auflösung des Beamtenverhältnisses grundsätzlich seine Arbeitskraft so einsetzen dürfe, wie er das für richtig halte. Eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit bedürfe einer Rechtfertigung und müsse verhältnismäßig sein. Im vorliegenden Fall gebe es keine begründeten Umstände des Einzelfalls, die eine Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen rechtfertigten. Die selektive Internetrecherche zu der Anwaltskanzlei und die falsche Information zu der Funktion des Kanzleigründers für die Partei "..." genügten nicht den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen. Es bestünden auch keine vernünftigen Gründe für die Annahme, er würde seine nachwirkenden Dienstpflichten verletzen. Dass er und seine Lebensgefährtin Ziel fremder Geheimdienste sein könnten, besage nichts für die konkret angestrebte Erwerbstätigkeit. Eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht sei schon wegen der hierfür drohenden strafrechtlichen Sanktionen nicht zu besorgen. Ein Ansehensverlust und damit eine Verletzung der Integrität des Berufsbeamtentums sei schon deshalb nicht zu besorgen, weil er nie öffentlichkeitswirksam oder unter seinem Klarnamen dienstlich tätig gewesen sei. Die Untersagung sei auch unverhältnismäßig, denn im Rahmen der vorläufigen Untersagung hätte zunächst vertieft geprüft werden müssen, ob sich die angenommenen abstrakten Umstände bestätigten. Die Interessenabwägung falle deshalb zu seinen Gunsten aus. Zu berücksichtigen sei, dass es ihm aktuell mangels Anwaltszulassung nicht möglich sei, in kurzer Zeit eine andere berufliche Tätigkeit aufzunehmen.

13 Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung des am 25. Mai 2025 erhobenen Widerspruchs gegen die mit Verfügung des Bundesnachrichtendienstes vom 23. Mai 2025 ausgesprochene Untersagung der anzeigepflichtigen Erwerbstätigkeit gegenüber dem Antragsteller wiederherzustellen.

14 Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.

15 Sie trägt in tatsächlicher Hinsicht vor, dass der Antragsteller weitreichende Erkenntnisse über die Arbeitsweisen des BND, speziell zu R., erlangt habe, die nicht innerhalb weniger Monate an Relevanz verlören. An die Residentur in M. würden die Bediensteten des BND ohne Legende entsandt und träten gegenüber den ... Behörden und Geheimdiensten dementsprechend auf. Sie seien dort Hochwertziel für die Abschöpfung von Informationen, unterlägen einer ständigen Beobachtung durch den ... Geheimdienst und seien auch Ziel von Ausspähungs- und Anbahnungsoperationen sowie von "Romeo"-Agenten, worüber sie der BND auch regelmäßig unterrichte. Deshalb sei sämtlichen Bediensteten des BND bewusst, dass private Kontakte zu ... Staatsangehörigen zu vermeiden und unverzüglich zu melden seien. Ein Verstoß gegen die insoweit zu beachtenden Regeln sei ein schwerer Dienstpflichtverstoß, der in der Regel zu einer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis führe. Durch das Eingehen einer Beziehung zu einer ..., ohne dies zu melden, habe sich der Antragsteller erpressbar gemacht. Das entsprechende Kompromat durch einen Vertreter des ... Geheimdienstes müsse als erster Schritt eines Anbahnungsversuchs gewertet werden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Partnerin des Antragstellers um eine "Romeo"-Agentin handele. Es sei unglaubwürdig, dass der Antragsteller seine BND-Zugehörigkeit gegenüber seinem neuen Arbeitgeber nicht offengelegt habe; es sei vielmehr davon auszugehen, dass er gegen seine Verschwiegenheitspflicht verstoßen habe, indem er Angaben zu seinem beruflichen Werdegang gemacht habe, die einer Aussagegenehmigung bedurft hätten.

16 Der Anwendungsbereich des § 105 BBG sei eröffnet. Pflichten aus dem Beamtenverhältnis könnten auch dann fortbestehen, wenn sich der Beamte aus dem Beamtenverhältnis löse, ohne Altersgeld in Anspruch zu nehmen. So erstrecke auch § 67 BBG die Verschwiegenheitspflichten auf sämtliche ehemalige Beamte. § 105 Abs. 7 BBG sei im Hinblick auf Sinn und Zweck der Norm so zu verstehen, dass es auf das Entstehen eines Anspruchs auf Altersgeld ankomme und der einseitige Verzicht auf den Anspruch nicht von den Pflichten nach § 105 BBG entbinden könne. Andernfalls überließe man es der Entscheidung des früheren Beamten, die einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nachgegangen sei, Tätigkeiten - u. a. auch für eine fremde Macht - aufzunehmen, ohne den hierfür geschaffenen gesetzlichen Verpflichtungen zu unterliegen. Dabei sei hier unbeachtlich, ob gegenüber dem Antragsteller im Disziplinarverfahren die Höchstmaßnahme - mit der Folge des Verlusts des Anspruchs auf Altersgeld - verhängt worden wäre. Dies könne nach der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf seinen Antrag hin und dem Verzicht auf Altersgeld wegen der damit verbundenen Einstellung des Disziplinarverfahrens nicht mehr geklärt werden.

17 Die Untersagungsverfügung sei auch materiell rechtmäßig. Durch die beabsichtigte Tätigkeit des Antragstellers für die konkrete Kanzlei sei die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu besorgen. Sie sei angesichts seiner früheren Tätigkeit beim BND und des Profils der Kanzlei aus der Sicht eines vernünftigen Bürgers ohne Weiteres geeignet, den Anschein zu erwecken, dass durch seine persönlichen Beziehungen und dienstlich erlangten Erkenntnisse die Mandate in unsachgemäßer Weise gefördert werden könnten. Da die Kanzlei ... Mandanten vertrete und die von Deutschland gegen R. verhängten Sanktionen angreife, dränge sich der Eindruck auf, der Antragsteller könne bzw. wolle sein dienstlich erlangtes Wissen nun in der Kanzlei nutzen und die Kanzlei dieses Wissen abschöpfen. Dabei sei zu besorgen, dass der Antragsteller seiner nachwirkenden Amtsverschwiegenheitspflicht ggf. nicht nachkommen könnte. Es dränge sich für einen verständigen Bürger förmlich auf, dass das dienstlich erlangte Wissen genutzt werden könnte, um Mandanten entsprechend zu beraten. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der ... Geheimdienst über entsprechende Mandate einen hierauf zielenden Druck auf den Antragsteller oder die Kanzlei ausübe. Die Untersagung dieser Tätigkeit sei trotz der damit verbundenen Einschränkung der durch Art. 12 GG gewährleisteten Berufsfreiheit gerechtfertigt. Die Funktionsfähigkeit und Integrität des Berufsbeamtentums sei ein wichtiges Gemeinschaftsgut. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Es gebe kein milderes, aber gleich geeignetes Mittel. Die Untersagung sei für den Antragsteller auch nicht unzumutbar, denn er könne eine juristische Tätigkeit ohne Bezug zu seinen im BND erlangten Kenntnissen und den damit verbundenen Sicherheitsrisiken aufnehmen und damit grundsätzlich bei jeder anderen Anwaltskanzlei tätig werden. Um eine solche Tätigkeit hätte er sich schon seit dem Entzug des Sicherheitsbescheids im November 2024 bemühen können, weil damit klar gewesen sei, dass er nicht mehr beim BND würde arbeiten können.

18 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und den von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang verwiesen.

II

19 Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist unbegründet, da die Begründung für die sofortige Vollziehung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt (1.) und das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt (2.).

20 1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderliche schriftliche Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung gegenüber dem Antragsteller entspricht den gesetzlichen Anforderungen.

21 Grundsätzlich erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm angegriffenen Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden. Die Begründungspflicht soll der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Vollziehungsinteresse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Das für die sofortige Vollziehung erforderliche Interesse ist regelmäßig ein qualitativ anderes Interesse als das Interesse am Erlass und der Durchsetzung des Verwaltungsaktes. Zur Begründung des besonderen Vollziehungsinteresses müssen deshalb in der Regel andere Gründe angeführt werden, als sie zur Rechtfertigung des zu vollziehenden Verwaltungsaktes herangezogen wurden. Ausnahmsweise kann auf die Begründung des zu vollziehenden Verwaltungsaktes Bezug genommen oder es dürfen diese Erwägungen wiederholt werden, wenn sich aus der dortigen Begründung die besondere Dringlichkeit der sofortigen Vollziehung und die von der Behörde insoweit vorgenommene Interessenabwägung erkennen lassen. In einem solchen Fall muss die Behörde allerdings ausdrücklich feststellen, dass sie in den Gründen des Erlasses des Verwaltungsaktes auch das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung sieht (vgl. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2024, § 80 Rn. 84 f. m. w. N.).

22 Die Begründung der Antragsgegnerin für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt diesen Anforderungen. Zwar hat die Antragsgegnerin die Begründung des Verwaltungsaktes auch für die Anordnung der sofortigen Vollziehung herangezogen. Zugleich hat sie aber einzelfallbezogen die Dringlichkeit der Untersagung erläutert, die einer Vollziehung der Untersagungsverfügung erst mit Bestandskraft entgegenstehe.

23 2. Bei der im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung gebührt dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung der Vorrang vor dem Interesse des Antragstellers am Aufschub der Vollziehung. Dies folgt daraus, dass der erhobene Widerspruch voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird (a). Im Übrigen wäre die Aussetzung des Sofortvollzugs aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten nicht gerechtfertigt (b).

24 a) Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung bestünde nicht, wenn der vom Antragsteller erhobene Widerspruch gegen die Untersagungsverfügung voraussichtlich Erfolg hätte (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 21. September 2020 - 6 VR 1.20 - juris Rn. 10). Hiervon ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht auszugehen. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass die Untersagungsverfügung in § 105 Abs. 6 i. V. m. Abs. 7 BBG ihre rechtliche Grundlage findet. Die Verfügung ist nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage weder formell (aa) noch materiell-rechtlich zu beanstanden (bb).

25 aa) Die Verbotsverfügung ist formell rechtmäßig. Insbesondere musste der Antragsteller nicht gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG vor Erlass der Verfügung angehört werden. Nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Es genügt, dass die Behörde unter diesen Gesichtspunkten eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. September 2020 - 6 VR 1.20 - juris Rn. 11). Das ist hier der Fall.

26 Die Antragsgegnerin hat nach ihren Ausführungen in der Verbotsverfügung von einer Anhörung des Antragstellers abgesehen, da eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheine; selbst bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen wäre der mit der Untersagung verfolgte Zweck gefährdet. Diese Einschätzung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die von der Antragsgegnerin geltend gemachten sicherheitlichen Gründe erlauben auch keine kurzzeitige Unterbrechung des mit der vorläufigen Untersagungsverfügung eingeleiteten Untersagungszeitraums. Das Bestreben, die erforderliche ununterbrochene Wirksamkeit der Untersagungsverfügung zu gewährleisten, rechtfertigt ein Absehen von der Anhörung.

27 bb) Die angefochtene Untersagungsverfügung ist bei summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig. § 105 BBG ist auf den Antragsteller ungeachtet des Umstandes, dass er auf den Bezug von Altersgeld verzichtet hat, anwendbar (1). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Untersagung der Tätigkeit des Antragstellers bei der konkret von ihm ins Auge gefassten Anwaltskanzlei liegen vor (2). Die Untersagung ist auch in ihrem Umfang nicht zu beanstanden (3).

28 (1) § 105 BBG ist auf den Antragsteller ungeachtet des Umstandes, dass dieser auf den Bezug von Altersgeld verzichtet hat, anwendbar.

29 § 105 Abs. 1 BBG sieht eine Anzeigepflicht für Ruhestandsbeamte vor, die eine bestimmte Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes aufnehmen wollen. § 105 Abs. 2 BBG verpflichtet sogar zur Anzeige jeder Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes, wenn der Ruhestandsbeamte u. a. in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Beamtenverhältnisses mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes - SÜG - ‌betraut war. Nach § 105 Abs. 6 BBG ist die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung zu untersagen, soweit zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Gemäß § 105 Abs. 7 BBG gelten § 105 Abs. 1 bis 5 BBG entsprechend für frühere Beamte mit Versorgungsbezügen und für frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

30 Der Antragsteller hatte bei seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis Anspruch auf Altersgeld: Er unterfiel nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AltGG dem Geltungsbereich des Altersgeldgesetzes, denn er war Beamter auf Lebenszeit, der nach § 33 BBG - d. h. auf seinen Wunsch - entlassen worden ist und hatte vor der Beendigung des Dienstverhältnisses eine Erklärung gegenüber dem Dienstherrn abgegeben, anstelle der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung das Altersgeld in Anspruch nehmen zu wollen. Der Antragsteller erfüllte auch die Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersgeld nach § 3 AltGG, weil er eine altersgeldfähige Dienstzeit von mindestens fünf Jahren, davon mindestens vier Jahre im Bundesdienst, abgeleistet hat. Damit unterlag er gemäß § 105 Abs. 7 BBG - zweifelsfrei - der Anzeigepflicht nach § 105 Abs. 2 Nr. 2 BBG.

31 Allerdings hat der Antragsteller - nach Beendigung des Beamtenverhältnisses und der vorläufigen Untersagung der beabsichtigten Tätigkeit - den Antrag auf Gewährung von Altersgeld zurückgenommen. Damit hat er wirksam auf seinen Anspruch auf Altersgeld verzichtet; anders als auf Besoldungs- und Versorgungsbezüge kann auf Altersgeld verzichtet werden, wie sich aus dem Fehlen einer Verbotsnorm (vgl. § 2 Abs. 3 BBesG, § 3 Abs. 3 BeamtVG) und aus § 2 Abs. 2 AltGG ergibt, wonach § 3 Abs. 2 BeamtVG - aber nicht § 3 Abs. 3 BeamtVG - entsprechend gilt. Nach seinem Verzicht hat er keinen Anspruch auf Altersgeld mehr.

32 Der Verzicht auf Altersgeld steht aber der Anwendbarkeit der Untersagungsvorschrift des § 105 Abs. 6 BBG - und im Übrigen auch der Genehmigungsvorschrift des § 105 Abs. 5 BBG - gemäß § 105 Abs. 7 BBG nicht entgegen. § 105 Abs. 7 BBG ist dahingehend auszulegen, dass "Anspruch auf Altersgeld" den gesetzlichen Anspruch auf Altersgeld i. S. d. §§ 1 ff. AltGG meint; ob der Anspruchsinhaber auf den ihm hiernach zustehenden Anspruch verzichtet, ist demgegenüber unerheblich.

33 Der Wortlaut der Bestimmung ist für beide Auslegungsvarianten offen. "Anspruch auf Altersgeld" kann sowohl im Sinne des gesetzlich bestehenden Anspruchs als auch im Sinne des geltend gemachten Anspruchs verstanden werden. Die systematische Auslegung führt nicht weiter: Dass § 105 Abs. 7 BBG frühere Beamte mit Versorgungsbezügen und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld in Bezug nimmt und damit bei Letzteren nicht auf den Bezug der Leistung abstellt, dürfte seinen Grund darin haben, dass der Anspruch auf Altersgeld gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 AltGG bis zum Ablauf des Monats ruht, in dem der Altersgeldberechtigte die Regelaltersgrenze erreicht, der Bezug der Leistung beim auf eigenen Wunsch entlassenen Beamten - anders als beim Ruhestandsbeamten - also regelmäßig erst in der Zukunft liegt. Auch aus der Entstehungsgeschichte lässt sich insoweit nichts herleiten; in der Beschlussempfehlung und dem Ausschussbericht heißt es zu der Gesetzesänderung, mit der § 105 Abs. 7 BBG auf Altersgeldanspruchsinhaber erstreckt wurde, lediglich, dass es sich um eine redaktionelle Folgeänderung handele (BT-Drs. 20/9252 vom 10. November 2023 S. 18).

34 Entscheidend für die Auslegung im Sinne des gesetzlichen Anspruchs auf Altersgeld spricht aber der Normzweck des § 105 BBG. § 105 BBG statuiert eine nach Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses fortbestehende Pflicht des im Regelfall auf Lebenszeit angelegten Beamtenverhältnisses (Battis, in: Battis, BBG, 6. Aufl. 2022, § 105 Rn. 3). Die Bestimmung schützt - ebenso wie § 41 BeamtStG und § 20a Soldatengesetz (SG) – die Integrität und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes (für § 20a SG vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 2 C 37.95 - BVerwGE 102, 326 <328 f.> = juris Rn. 18 f.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Juni 2010 - 5 ME 78/10 - ZBR 2011, 51 <52>).

35 Schutzgut ist damit die Erhaltung der Unbefangenheit und Unparteilichkeit der Beamten, namentlich bei ihrer in den letzten Jahren vor dem Ausscheiden ausgeübten Tätigkeit, als auch das Ansehen des öffentlichen Dienstes, d. h. das Vertrauen in seine Integrität. Letzteres betrifft sowohl die frühere Tätigkeit der ehemaligen Beamten als auch die Tätigkeit der gegenwärtig aktiven Beamten, die sich in ihrer Amtsausübung nicht durch spätere Karriereaussichten beeinflussen lassen sollen. Außerdem soll - über die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit hinausgehend - verhindert werden, dass das Amtswissen eines früheren Beamten bei Aufnahme einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes missbräuchlich für private Zwecke zum Schaden des Dienstherrn genutzt wird (für § 20a SG vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 2 C 37.95 - BVerwGE 102, 326 <328>; BT-Drs. 16/7076 S. 124; Battis, in: Battis, BBG, 6. Aufl. 2022, § 105 Rn. 3).

36 Mit der Einführung der Anzeigepflicht für jedwede Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes für mit sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten betraute Beamte nach § 105 Abs. 2 Nr. 2 BBG und der hieran anknüpfenden Genehmigungspflichten für eine nachfolgende Tätigkeit für eine fremde Macht nach § 105 Abs. 5 BBG ist der Regelungszweck des § 105 BBG um die Wahrung der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland erweitert worden (vgl. BT-Drs. 20/9252 S. 17; Plog/Wiedow, BBG 2009, Stand Mai 2024, § 105 Rn. 18). Er ist auch bei der Auslegung von § 105 Abs. 6 und 7 BBG zu beachten. Dieser Regelungszweck erfordert im Rahmen des § 105 Abs. 7 BBG auch diejenigen Beamten zu erfassen, die einen gesetzlichen Anspruch auf Altersgeld haben und sodann - regelmäßig gerade um sich den nachwirkenden Verpflichtungen des § 105 BBG zu entziehen - auf diesen Anspruch verzichten. Denn den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland würde nicht Rechnung getragen, wenn es der Beamte bei seinem freiwilligen Ausscheiden in der Hand hätte, sich von diesen Verpflichtungen zu lösen. Es kann nicht dem Beamten überlassen bleiben, ob er im Anwendungsbereich des wichtige öffentliche Interessen schützenden § 105 BBG verbleibt.

37 Somit erfasst § 105 Abs. 7 BBG auch frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld und damit auch den Antragsteller im vorliegenden Verfahren. Ob und ggf. in welchen Fällen diese Norm bezüglich der sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten darüber hinaus - im Wege der Analogie - auch auf frühere Beamte ohne Anspruch auf Altersgeld zu erstrecken ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Eine unbeabsichtigte Regelungslücke dürfte jedenfalls für diejenigen Beamten vorliegen, die disziplinarrechtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden sind.

38 (2) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Untersagung der Tätigkeit des Antragstellers bei der konkret von ihm ins Auge gefassten Anwaltskanzlei liegen vor.

39 Die vom Antragsteller beabsichtigte Erwerbstätigkeit ist gemäß § 105 Abs. 2 BBG anzeigepflichtig. § 105 Abs. 2 Nr. 2 BBG verpflichtet zur Anzeige jeder Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes, wenn der frühere Beamte in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Beamtenverhältnisses mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 SÜG betraut war. Das trifft auf den Antragsteller, der über elf Jahre beim Bundesnachrichtendienst beschäftigt war, zu (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 SÜG).

40 Dienstliches Interesse i. S. d. § 105 Abs. 6 BBG ist - wie bereits ausgeführt - die Integrität des öffentlichen Dienstes. Es geht zum einen um die Erhaltung der Unbefangenheit und Unparteilichkeit der aktiven Beamten, die sich in ihrer Amtsausübung nicht durch spätere "Karriereaussichten" beeinflussen lassen sollen. Es geht außerdem um das Ansehen des öffentlichen Dienstes, d. h. das Vertrauen in seine Integrität, bezogen sowohl auf die frühere Tätigkeit des ehemaligen Beamten als auch die Tätigkeit der gegenwärtig aktiven Beamten. Schließlich soll - über die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit hinausgehend - verhindert werden, dass das Amtswissen eines früheren Beamten bei Aufnahme einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes missbräuchlich für private Zwecke zum Schaden des Dienstherrn genutzt wird. Dieser Aspekt ist von besonderer Bedeutung im sicherheitsempfindlichen Bereich, was durch § 105 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 BBG zum Ausdruck kommt.

41 Zu besorgen ist eine Beeinträchtigung dieser dienstlichen Interessen, wenn der begründete Anschein besteht, dass durch eine entsprechende Tätigkeit bei einem verständig und sachlich denkenden Bürger Zweifel an der Integrität des öffentlichen Dienstes entstehen könnten (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Dezember 1989 - 6 C 52.87 - BVerwGE 84, 194 <202>, vom 26. Juni 2014 - 2 C 23.13 -‌ BVerwGE 150, 153 Rn. 25 und vom 4. Mai 2017 - 2 C 45.16 - NVwZ 2017, 1208 Rn. 15). Ob eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen anzunehmen ist, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung; ein Beurteilungsspielraum kommt der Behörde nicht zu.

42 Unter Anwendung dieser Grundsätze ist zu besorgen, dass die vom Antragsteller beabsichtigte Tätigkeit als Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskanzlei M. dienstliche Interessen beeinträchtigt. Der Antragsteller verfügt aus seiner Tätigkeit beim BND über vertiefte Kenntnisse des Lagebildes des BND zu R. und über R. betreffende Aktivitäten des BND. Wenn er im Anschluss an seine Tätigkeit für den BND eine Tätigkeit bei einer Anwaltskanzlei aufnehmen würde, die in der Beratung regierungsnaher ... Mandanten einen Schwerpunkt ihrer Betätigung hat, würde dies in zweifacher Hinsicht die Integrität des öffentlichen Dienstes gefährden.

43 Zum einen und insbesondere würde die beabsichtigte Tätigkeit die Integrität des öffentlichen Dienstes und sicherheitliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland verletzen, weil es bei natürlicher Betrachtung naheliegt, dass der Antragsteller gerade wegen dieser Kenntnisse in der Kanzlei beschäftigt wird oder zumindest bei seiner Tätigkeit in die immer wiederkehrende Gefahr geriete, seine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (vgl. § 67 BBG) zu verletzen - eine Gefahr, die noch dadurch erhöht wird, dass die Lebensgefährtin des Antragstellers Verwandte in R. hat, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass insoweit Druck auf den Antragsteller ausgeübt wird. Diese Gefahr besteht unabhängig davon, ob die Zuschreibungen dieser Kanzlei durch die Antragsgegnerin in Gänze zutreffend sind oder nicht. Immerhin kritisiert die Kanzlei in ihrer eigenen Homepage, dass Sanktionen und Vermögenseinfrierungen zu einem Mittel der politischen Auseinandersetzung geworden seien und verweist auf langjährige Beratungserfahrungen zu internationalen Sanktionen und Embargos, namentlich u. a. in ...

44 Zum Zweiten muss sowohl - ähnlich wie bei einem Steuerbeamten, der steuerberatend tätig werden will (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 - 2 C 37.78 -‌ BVerwGE 60, 254) – der Eindruck vermieden werden, das Amtswissen könne auch gegen den Dienstherrn eingesetzt werden. Schließlich darf nicht der Eindruck entstehen, man könne sich - gerade in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit - durch die Aussicht einer lukrativen anschließenden Tätigkeit in seiner Amtsführung beeinflussen lassen.

45 (3) Die Untersagung ist auch in ihrem Umfang nicht zu beanstanden.

46 Die Untersagung bis zum Ablauf der gemäß § 105 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Nr. 2 BBG siebenjährigen Anzeigepflicht und damit die Ausschöpfung des gesetzlichen Rahmens ist rechtmäßig.

47 Nach § 105 Abs. 6 Satz 3 und 4 BBG ist die Untersagung bis zum Ende der Anzeigepflicht auszusprechen, es sei denn die Voraussetzungen liegen nur für einen kürzeren Zeitraum vor. Im vorliegenden Fall gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen nur für einen kürzeren Zeitraum vorliegen. Sollte sich dies in Zukunft ändern - etwa durch eine Veränderung des Profils der vom Antragsteller präferierten Rechtsanwaltskanzlei –, könnte dem durch eine Aufhebung der Untersagungsverfügung Rechnung getragen werden.

48 Die Untersagung ist auch nicht unverhältnismäßig, etwa im Hinblick auf das Recht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und die Notwendigkeit für den Antragsteller, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu erwirtschaften. Untersagt wird lediglich die Tätigkeit bei einer bestimmten einzelnen Rechtsanwaltskanzlei. Dem Antragsteller bleiben zahlreiche andere Möglichkeiten beruflicher Betätigung. Tätigkeiten bei anderen Rechtsanwaltskanzleien ohne ein "R.-Profil" stehen ihm ebenso offen wie andere Betätigungsfelder für Volljuristen.

49 Schließlich sind auch keine gleich geeigneten milderen Mittel ersichtlich, die eine Untersagungsverfügung entbehrlich machen könnten.

50 b) Selbst wenn man die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Untersagungsverfügung als offen ansehen würde, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Im Rahmen der Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Vollzugsinteresse hätte das Vollzugsinteresse im Hinblick auf die Dringlichkeit und Wichtigkeit der zu schützenden sicherheitlichen Gründe Vorrang.

51 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.